FAQ Selbständigkeit in der Insolvenz und Freigabe

Heiko Graß • 23. April 2024

FAQ zur sog. "Freigabe" in der Insolvenz und Darlegung der Rechte und Pflichten

1. Insolvenz und weiter selbstständig, geht das?

Auch wenn man einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit als natürliche Person nachgeht (Einzelfirma), ist eine Insolvenz nicht zwingend das Ende der bisherigen Geschäftstätigkeit. Diese kann grundsätzlich fortgeführt werden, wenn der Insolvenzverwalter die Erklärung nach § 35 InsO abgibt. Dort heißt es in Abs. 2:

 

Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. [Anmerkung: sog. "FREIGABEERKLÄRUNG"]. § 295a gilt entsprechend. 

 

Ein neueres Urteil des Bundesgerichtshofes v. 12.10.2023 (IX ZR 162/22) erörtert dieses Thema neu in anderem Licht. Daher nun ein paar Antworten auf grundlegende Fragen: 

 

2. Was bedeutet Freigabe?

Der Insolvenzverwalter kann, muss aber nicht, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die "FREIGABE" der selbständigen Tätigkeit erklären. Damit werden die Schulden, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden und die damit Insolvenzforderungen gem. § 38 InsO sind, von der Restschuldbefreiung erfasst, wenn diese am Ende der 3 Jahre erteilt wird. Die Freigabe hat für den Insolvenzverwalter den Vorteil, dass er keine Masseverbindlichkeiten begründet. Das Risiko neuer Schulden trägt also der Schuldner, der wirtschaftlich als Selbstständiger weitermacht.

 

Das Betriebsvermögen (z.B. Betriebsausstattung, Fahrzeuge, Werkzeuge, Mietverträge etc.) wird dann von der Insolvenz, soweit der Schuldner dies für sich für die Fortführung benötigt, nicht erfasst und der Schuldner kann damit weiterarbeiten. Er hat dann aber auch die neu beginnenden laufenden Kosten wieder zu tragen, wie Miete, Steuern, Löhne etc. Und das birgt – wie oben schon angesprochen – natürlich die Gefahr, dass ein vor der Insolvenz nicht rentabel arbeitender Betrieb zu neuen Schulden führt, für die es dann keine Restschuldbefreiung in den nächsten 11 Jahren gibt, sogar ein neues Insolvenzverfahren in Gang setzen kann, dies dann ohne Restschuldbefreiungsmöglichkeit.

 

3. Welche Pflichten entstehen durch die Freigabe? 

§ 295 a InsO gilt entsprechend (§ 35 Abs. 2 S. 2 InsO). Hier der Gesetzeswortlaut des § 295 a Abs. 1 InsO:

 

Soweit der Schuldner eine selbständige Tätigkeit ausübt, obliegt es ihm, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Die Zahlungen sind kalenderjährlich bis zum 31. Januar des Folgejahres zu leisten.

 

3.1    Was bedeutet: Zahlungen zu leisten, als wenn er ein

angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre?

 

Zunächst -und das ist ganz wichtig: Es ist nicht der Gewinn der Tätigkeit maßgeblich, sondern ein fiktives Einkommen, das der Schuldner erzielen könnte, wenn er Arbeitnehmer wäre:

 

Der Schuldner hat also zunächst die Pflicht, dem Insolvenzverwalter die Parameter mitzuteilen, dass er und die Gläubiger das fiktive Arbeitseinkommen bestimmen können. Das wären Informationen zu Ausbildung, beruflichem Werdegang.

 

Beispiel: Ein ausgebildeter Koch mit Meisterabschluss Ende 30 macht sich mit einem Bistro selbständig. In der Corona Krise kommt es zu Schulden, die er nicht mehr begleichen kann und er meldet Insolvenz mit Restschuldbefreiungsantrag an. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärt der Insolvenzverwalter die Freigabe des Bistrobetriebes. 

Wäre er in einem Restaurant angestellt tätig, so würde er ca. 2.800 € brutto  monatlich verdienen können (Quelle: https://service.destatis.de oder https://www.gehaltsvergleich.com). Netto würde dies 1.900 € bei ihm entsprechen. Bei 1.900 € ohne Unterhaltsberechtigte müsste er im Insolvenzverfahren monatlich 348,80 € (Stand 01/24) an den Insolvenzverwalter zahlen. 

 

Diesen Betrag kann der Schuldner monatlich zahlen oder jährlich, dann aber jeweils spätestens zum 31.01 eines jeden Jahres, bis die 3 Jahre um sind.

 

3.2     Was gilt, wenn der Gewinn nicht ausreicht, die Zahlungen zu

erbringen?

 

Reicht der Gewinn aus der Tätigkeit nicht, dann muss der Schuldner zunächst dem Insolvenzverwalter über seine tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben Auskunft geben.

 

Weiter muss er sich zumindest um ein Arbeitsverhältnis bemühen und in ein solches bei Möglichkeit wechseln. Er ist sozusagen verpflichtet, die bestmögliche Gläubigerbefriedigung zu erreichen und dabei mitzuwirken. Zudem hat er eine Erwerbsobliegenheit nach § 287 a InsO. Er darf also nicht untätig sein, wenn er arbeitsfähig ist und sich nicht der Kindererziehung widmet (in der Regel ist es zulässig, sich um die Kindererziehung zu kümmern bei Kindern im Alter bis 3 Jahre, danach ist zumindest eine Teilzeitbeschäftigung zumutbar) oder verrentet ist.

 

Die Rechtsprechung, die vor Einführung des § 287 a InsO ergangen ist (BGH ZVI 2013,346; ZVI 2014,268), ist meines Erachtens nach nicht mehr uneingeschränkt anwendbar. Zuvor gab es im laufenden Insolvenzverfahren keine Erwerbsobliegenheit sondern diese nur in der Wohlverhaltenszeit. Daher entschied der BGH, dass deswegen der Schuldner bei zu geringem Gewinn keine Zahlungen an den Insolvenzverwalter leisten müsse. Nun gibt es aber mit § 287 a InsO die Erwerbsobliegenheit auch im eigentlichen Insolvenzverfahren, so dass die vorherige bequeme Lage nicht mehr gilt und dem Schuldner zwar eine Überlegungszeit zuzubilligen ist, die aber nicht zu lange dauern darf. Es besteht die Gefahr, dass der Schuldner seine Pflichten verletzt und ein Gläubiger einen Restschuldbefreiungsversagungsantrag stellen kann,             § 290 Abs. 1 Nr. 7 InsO. Damit ist dann das Ziel der Insolvenz, nämlich Restschuldbefreiung zu erhalten, nicht mehr zu erreichen.

 

4.   Was gilt, wenn ich nicht verpflichtet bin zu arbeiten (z.B. krank oder Rentner bin)?

 

Im schon erwähnten Urteil des BGH v. 12.10.2023 (IX ZR 162/22) stellt das Gericht klar, dass derjenige, der zwar nicht mehr verpflichtet ist einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, es aber trotzdem als Selbständiger tut, Zahlungen an den Insolvenzverwalter leisten muss, wie wenn er Überstunden machen würde. Nach § 850 a ZPO ist dann die Hälfte zu zahlen.

Also wer Rente bezieht, darf insolvenzrechtlich weiter wirtschaftlich selbstständig tätig sein, muss aber trotzdem das fiktive Einkommen -wenn auch mit der Privilegierung nach § 850 a ZPO analog- an den Insolvenzverwalter zahlen, um die Restschuldbefreiung nicht zu gefährden.

 

5.   Gibt es die Möglichkeit das „fiktive Einkommen“ durch das Gericht bestimmen zu lassen?

 

Ja, nach § 295 a Abs. 2 InsO kann der Schuldner einen Antrag stellen, dass das Gericht das zu erzielende fiktive monatliche Bruttoeinkommen durch Beschluss festsetzt. Dazu muss der Schuldner alle wesentlichen Faktoren, wie Ausbildung, Werdegang und Vergleichsgehälter dem Gericht gegenüber glaubhaft machen. Aus dem Bruttoeinkommen muss der Schuldner dann selbst sein fiktives Nettoeinkommen und den pfändbaren Betrag ermitteln. Dazu existieren Brutto-Nettorechner und die Pfändungstabelle im Internet.

 

6.   Was gilt in der Wohlverhaltenszeit?

 

Hier gilt alles, was oben erläutert wurde ebenfalls. Nun aber nicht über den Verweis nach § 35 Abs.2 InsO entsprechend, sondern unmittelbar, also nach § 295 a InsO.

 

 

©Heiko Graß

Rechtsanwalt und Mediator

Fachanwalt für Insolvenzrecht

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Nonnenmacher Rechtsanwälte PartGmbB, Wendstr.17, 76185 Karlsruhe


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von Heiko Graß, Stefan Neumann, Samuel Grether 26. Januar 2024
Am 1. Januar 2024 traten die wesentlichen Neuerungen des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft. Mit dem MoPeG hat der Gesetzgeber in einer tiefgreifenden und umfangreichen Reform das Personengesellschaftsrecht grundlegend überarbeitet. Mehr als 140 Gesetze und Verordnungen werden durch das MoPeG geändert. Das neue Recht ist nicht nur bei der Neugründung von Personengesellschaften zu berücksichtigen, auch alle bestehenden Personengesellschaften müssen prüfen, ob die neuen gesetzlichen Bestimmungen eine Anpassung ihres Gesellschaftsvertrages, eine Änderung der Gesellschaftsform oder sonstige Maßnahmen erforderlich machen. Eine erste Übersicht über die wesentlichen Änderungen im Personengesellschaftsrecht finden Sie unter nachfolgendem Link: FAQ´s zum MoPeG Für eine Individuelle Beratung stehen Ihnen alle im Gesellschaftsrecht tätigen Anwälte von Nonnenmacher Rechtsanwälte und Steuerberater gerne zur Verfügung!
von Peter Sennekamp 8. Januar 2024
Mit dem Gesetz zur Digitalisierung baurechtlicher Verfahren vom 20.11.2023 (GBl. vom 24.11.2023, Nr. 20, S. 422 f.) sind für Baden-Württemberg einige wichtige Neuerungen in baurechtlichen Verfahren vorgenommen worden. Die wichtigsten Neuerungen sind dabei folgende: 1. Einreichung der Bauvorlagen für Baugenehmigungsverfahren und Kenntnisgabeverfahren nunmehr in elektronischer Form und nicht mehr bei der Gemeinde, sondern bei der Baurechtsbehörde § 53 Abs. 1 LBO Baden-Württemberg bestimmt nun, dass alle für die Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens oder des Kenntnisgabeverfahrens erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) und Anträge auf Abweichungen, Ausnahmen und Befreiungen bei der (unteren) Baurechtsbehörde einzureichen sind. Baurechtsbehörde ist bei kreisangehörigen Gemeinden in der Regel das zuständige Landratsamt oder die große Kreisstadt/Verwaltungsgemeinschaft, bei Stadtkreisen hingegen immer die Gemeinde selbst. In Ausnahmefällen können aber auch kleinere kreisangehörige Gemeinden selbst Baurechtsbehörde sein. Ein Verzeichnis über die unteren Baurechtsbehörden in Baden-Württemberg (Stand 05/2023) finden Sie hier. Die Baurechtsbehörde stellt die nach Satz 1 bis 3 eingereichten Anträge und Bauvorlagen nunmehr unverzüglich der betroffenen Gemeinde bereit. Abweichungen, Ausnahmen und Befreiungen sind gesondert zu beantragen. Der Bauantrag und die Bauvorlagen und auch Bauvoranfragen nach § 57 LBO sind elektronisch in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs einzureichen. Ab 1. Januar 2025 soll eine Einreichung in Papierform dann gänzlich ausgeschlossen sein. 2. Weitestgehender Wegfall von Angrenzerbenachrichtigung und Einwendungsverfahren Eine der wesentlichen Neuerungen besteht im weitestgehenden Wegfall des Angrenzerbenachrichtigungverfahrens. Darüber hinaus sind Einwendungen nunmehr elektronisch in Textform oder zur Niederschrift zu erheben. a. Bisherige Rechtslage Nach bisheriger Rechtslage wurden die Eigentümer angrenzender Grundstücke (Angrenzer) innerhalb von fünf Arbeitstagen ab dem Eingang der vollständigen Bauvorlagen von dem Bauvorhaben informiert und konnten sodann in der Regel innerhalb von 4 Wochen bzw. 2 Wochen bei Vorhaben im Kenntnisgabeverfahren Einwendungen erheben. Taten sie dies nicht, waren sie in der Regel mit allen Einwendungen ausgeschlossen, welche nicht rechtzeitig vorgebracht wurden (sog. materielle Präklusion). Die Benachrichtigung war nur bei solchen Angrenzern nicht erforderlich, die entweder eine schriftliche Zustimmungserklärung abgegeben oder die Bauvorlagen unterschrieben haben oder durch das Vorhaben offensichtlich nicht berührt wurden. Die Gemeinde konnte auch sonstige Eigentümer benachbarter Grundstücke (sonstige Nachbarn), deren öffentlich-rechtlich geschützte nachbarliche Belange berührt sein können, innerhalb der Frist benachrichtigen. b. Neue Rechtslage Nach § 55 Abs. 1 LBO n.F. sollen die Angrenzer über Bauvorhaben neuerdings nur noch in Baugenehmigungsverfahren und nur noch dann informiert werden, wenn eine Abweichung, Ausnahme oder Befreiung von den Vorschriften des öffentlichen Baurechts erteilt werden soll, die zumindest auch dem Schutz des betroffenen Nachbarn dient. Dies ist allerdings in der Praxis meist nicht der Fall. Nur in diesen Fällen wird nunmehr der Angrenzer innerhalb von 5 Arbeitstagen ab dem Eingang der vollständigen Bauvorlagen durch die Gemeinde informiert. Einwendungen sind nunmehr gem. § 55 Abs. 2 Satz 1 elektronisch in Textform oder zur Niederschrift vorzubringen. In der Praxis bedeutet dies, dass auch die unmittelbaren Angrenzer künftig nur noch in Ausnahmefällen von der Gemeinde über Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück informiert werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Nachbarinnen und Nachbarn in ihren sie selbst betreffenden schützenswerten Rechten gänzlich eingeschränkt werden. Vielmehr steht allen Angrenzern und Nachbarn, welche meinen, in ihren Rechten verletzt zu sein, der Rechtsweg offen, sie können gegen die dem Nachbarn erteilte Baugenehmigung Widerspruch und nach Zurückweisung des Widerspruchs Anfechtungsklage erheben. Allerdings wird das Vorgehen dadurch erschwert, als der Nachbar von dem Baugenehmigungsverfahren unter umständen erst bei Erteilung der Baugenehmigung oder gar erst bei Baubeginn erfährt und somit in der Regel erst sehr viel später die Möglichkeit erhält, seine Rechte zu überprüfen und ggf. wahrzunehmen. Darüber hinaus entfalten Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung, so dass der Bauherr auch vor Bestandskraft der Baugenehmigung bereits mit dem Bau beginnen darf. Will man dies verhindern, muss zudem ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei Gericht gestellt werden. 3. Erteilung der Baugenehmigung in Schriftform oder elektronischer Form, Zustellung an Angrenzer § 58 Abs. 1 Satz 3 LBO sieht nunmehr vor, dass die Baugenehmigung auch in Textform gem. § 126 b BGB erteilt werden kann. Die Erteilung der Baugenehmigung in Schriftform - wie bislang - ist nicht mehr verpflichtend. Baurechtliche Entscheidungen sollen künftig elektronisch bekannt gegeben werden können. Dies ermöglicht es, digitale Baugenehmigungsverfahren medienbruchfrei, also durchgängig elektronisch durchführen zu können. Die Zustellung der Baugenehmigung an Angrenzer erfolgt nur noch dann, wenn diese Einwendungen im Baugenehmigungsverfahren erhoben und diesen nicht entsprochen wurde oder wenn deren öffentlich- rechtlich geschützten nachbarlichen Belange durch das Vorhaben berührt sein können. Es ist daher durchaus denkbar, dass in vielen Fällen die Angrenzer künftig erst durch den Baubeginn erfahren, dass eine Baugenehmigung erteilt wurde. Für weitere Beratung und Vertretung auf diesem Gebiet stehen Ihnen die auf das Verwaltungsrecht spezialisierten Anwälte von Nonnenmacher Rechtsanwälte gerne zur Verfügung!
von Stefan Neumann 27. Dezember 2023
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) sowie Haus & Grund informieren: Aktenzeichen für Verfahren in Berlin und Rheinland-Pfalz liegen vor. Hintergrund: Der BdSt und Haus & Grund Deutschland unterstützen mehrere Eigentümer, die sich gegen die Bewertung ihrer Grundstücke im Rahmen der Grundsteuerreform wehren und vor das BVerfG ziehen wollen. In Berlin und Rheinland-Pfalz wurden schon die ersten von beiden Verbänden begleiteten Klagen eingereicht. Jetzt liegen die Aktenzeichen vor: 3 K 3142/23 beim FG Berlin-Brandenburg bzw. 4 K 1205/23 beim FG Rheinland-Pfalz. Damit können Eigentümer, die gegen ihren Grundsteuerwertbescheid Einspruch eingelegt haben, nun das Ruhen des Verfahrens beantragen. Hierzu führt der BdSt weiter aus: Die Klagen richten sich gegen die Bescheide über die Feststellung des Grundsteuerwertes zum 1.1.2022 nach dem Bundesmodell. Die neue Bewertung war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die bisher geltende Bewertung für die Grundsteuer als verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert hat, ein neues Bewertungsverfahren zu schaffen. Ab Januar 2025 sollen die Kommunen die neue Grundsteuer aufgrund der Bescheide über den Grundsteuerwert und die darauf festgesetzten Grundsteuermessbeträge erheben. BdSt-Präsident Reiner Holznagel und Haus & Grund-Präsident Dr. Kai H. Warnecke halten die neue Bewertung im Bundesmodell aus zahlreichen Gründen für verfassungswidrig und unterstützen das Ziel, das neue Bewertungsverfahren vom Bundesverfassungsgericht erneut prüfen zu lassen. Im Rahmen der Klagen wird das Rechtsgutachten von Professor Dr. Gregor Kirchhof, das beide Verbände in Auftrag gegeben hatten, zur Begründung eingebracht. Der Verfassungsrechtler war zu dem Ergebnis gekommen: Das Grundsteuergesetz des Bundes ist verfassungswidrig! Vor allem die pauschal anzusetzenden Mieten bei der Bewertung der Grundstücke und die Bodenrichtwerte beeinflussen die Werte der Grundstücke deutlich. Mit ihren Musterklagen lassen beide Verbände prüfen, ob die Neubewertung der Grundstücke nach dem Bundesmodell verfassungsmäßig ist. Eigentümer können sich auf diese Musterklagen berufen und Einspruch gegen ihren Feststellungsbescheid über den Grundsteuerwert beim Finanzamt einlegen sowie das Ruhen des Verfahrens aus Zweckmäßigkeitsgründen beantragen. Kommt das Finanzamt dem Antrag nach, bleibt das Einspruchsverfahren bis zu einem Urteil in der Musterklage offen. Quelle: BdSt, Pressemitteilung v. 11.12.2023 (il) Mit freundlichen Grüßen Stefan Neumann Rechtsanwalt Fachanwalt für Steuerrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
27. Dezember 2023
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) treten zum 1.1.2024 umfangreiche Neuregelungen im Personengesellschaftsrecht in Kraft. Der Gesetzgeber hält jedoch ausdrücklich am Grundsatz der Selbstorganschaft fest. Darüber hinaus wird es auch zukünftig keine Einpersonengesellschaft geben und eine Personengesellschaft wird weiterhin keine eigenen Anteile halten können. 1. Gesellschaftsregister und Sitzwahlrecht Wesentlich ist die Unterscheidung zwischen rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger GbR. Die rechtsfähige GbR kann sich - grundsätzlich freiwillig - in ein Register eintragen lassen. Teilweise ergeben sich jedoch aus anderen rechtlichen Zusammenhängen faktische Eintragungspflichten. Die eingetragene GbR (eGbR) muss auf ihre Eintragung durch einen Rechtsformzusatz hinweisen. Ein Anreiz für die Eintragung in das Handelsregister kann das damit verbundene Wahlrecht des Sitzes der eGbR sein. Im Rahmen des Gesellschaftsvertrages haben die Gesellschafter damit die Möglichkeit, einen Vertragssitz und einen davon abweichenden Verwaltungssitz, der auch im Ausland liegen kann, zu bestimmen. 2. Haftung und Ausscheiden von Gesellschaftern Der bisherige gesetzliche Haftungsmaßstab in der GbR, die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten (§ 708 BGB), wird aufgegeben, insbesondere weil die Rechtsprechung längst eigene Haftungsmaßstäbe entwickelt hat. Künftig gilt in der GbR der strengere Haftungsmaßstab des § 276 Abs. 1 BGB. Außerdem wird statt der Auflösung der GbR das Ausscheiden eines Gesellschafters zum Regelfall. Die neuen Regelungen zum Ausscheiden eines Gesellschafters finden sich in § 712 ff. BGB n.F. Der Bestand der GbR wird durch das Ausscheiden eines Gesellschafters nicht mehr berührt, das Ausscheiden wird also anstelle der Auflösung zum gesetzlichen Regelfall. Der neue § 712a BGB regelt darüber hinaus ausdrücklich, dass die Gesellschaft ohne Liquidation erlischt, wenn nur noch ein Gesellschafter vorhanden ist und das Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen übergeht. Mit freundlichen Grüßen Stefan Neumann Rechtsanwalt Fachanwalt für Steuerrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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